Kolumne: Wir … allein

Dieser Tag kommt nur einmal. Also soll er perfekt und der schönste in unserem Lebens sein. Aber was macht eine Hochzeit überhaupt perfekt? Eine Feier mit einhundert Gästen, das Luxusmenü eines trendigen Caterers, ein bei Promihochzeiten beliebtes Schloss? Die Top-Figur im Prinzessinnenkleid? Das Wetter! Wehe, es regnet! Tränen der Rührung. Die müssen auf jeden Fall sein, wo doch die Freudentränentaschentücher bereitliegen. Heliumballons, ein Feuerwerk, ein Youtube-reifer Wedding Dance, Unterhaltung around the clock für alle Gäste. Niemand soll sich nur eine Sekunde langweilen. Diese und zahlreiche weitere Ansprüche stellen manche von uns an ihren Traumtag – und für andere ist es in der Summe das pure Grauen.

Liebe, Romantik und das große Gefühl von unschätzbarem Glück, den einen Menschen fürs ganze Leben gefunden zu haben. Diese für eine Hochzeit tatsächlich essentiellen Dinge treten schon bei der Planung in den Hintergrund. Bei allem Stress, den Entscheidungen und Kompromissen verlieren wir oft das einzig und wirklich Wichtige aus den Augen: Uns. Statt uns zu sehen, auf uns zu hören und zu tun, was uns gefällt, machen wir es eigentlich nur noch anderen recht: Tante Else und Opa Hans mögen nicht einmal den Anblick von Fisch, also wird der vom Buffet gestrichen. Cousine Lisa und Peters Freundin vertragen kein Gluten, also müssen sämtliche Speisen glutenfrei zubereitet werden – das Zeug ist ja so tückisch und versteckt sich überall. Nicht vergessen, Großonkel Max und seine neue Frau ernähren sich seit zwei Wochen vegan.

Interessiert noch irgendwen, was wir gern essen? Zu welcher Musik wir am liebsten tanzen? Dass wir Pomp blöd finden? Dass wir gar nicht mit Euch feiern möchten?

Ist das moralisch vertretbar? Tanten, Onkel, Oma, Opa, sogar die Eltern und Geschwister zu umgehen, keiner Menschenseele Bescheid zu sagen, ins Ausland zu jetten und dort heimlich zu heiraten? Ja, das ist es. Absolut. Denn es ist unsere Hochzeit und wir machen sie uns perfekt: Ob bei Sonnenuntergang am Strand vor der Sundowner-Bar, barfuß, im Boho-Look. Oder bei Sonnenaufgang in Vegas, in einer mit Kitsch vollgestopften Kapelle, begleitet von einem schlechten Elvis-Double.

Das „Ganz weit weg“ ist dabei nicht das Entscheidende, was die vermeintliche Perfektion bringt. Das sind nur wir selbst im Bewusstsein für den Grund unserer Hochzeit. Wir heiraten nicht, um anderen eine Freude zu machen, sie zu verköstigen und zu bespaßen. Wir tun es, weil wir uns lieben. Das wollen wir feiern und den schönsten Tag unseres Lebens mitein­ander verbringen. So gern wir unsere Freunde und Familie auch haben – wenn sie einen grandiosen Tag erleben wollen, müssen sie schon selbst dafür sorgen.